Boliden, ein Bergbauunternehmen, für eine kooperative Beziehung zwischen Betriebsrat und Arbeitgebern, um innovative und sichere Technologien zu implementieren.
Beispiel aus Schweden – Wieso Mitbestimmung bei Digitalisierung und Algorithmic Management
Die Firma Boliden ist ein Bergbauunternehmen, das viel zur Entwicklung von Minenautomatisierung beigetragen hat. Sie beschäftigt sich mit der Exploration, dem Abbau und der Verschmelzung von unedlen und Edelmetallen.
Das Unternehmen betreibt sieben unterirdische Bergwerke in Schweden, Finnland und Irland sowie eine Tagebaugrube in Schweden, zusammen mit fünf Schmelzanlagen in Schweden, Finnland und Norwegen. Zu den wichtigsten Produkten gehören verschiedene Qualitäten von Zink, Kupfer, Blei, Nickel und Gold. Hinsichtlich der produzierten Tonnen pro Arbeitsstunde wurden zwei Standorte des Unternehmens als die produktivsten Bergwerke weltweit eingestuft (MacKenzie, 2017). Es ist auch eines der wenigen Bergbauunternehmen, das die „Lean“(Effiziente)-Produktions- und Fertigungsprinzipien in seinen Bergbauoperationen umsetzt (Haugn, 2013).
Wie in der 2022 Studie von German Bender von Stockholm School of Economics und Carl Fredrik Söderqvist, Blekinge Institute of Technology erwähnt, verfügt Boliden über eine starke Gewerkschaftspräsenz und die Beziehung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber zeichnet sich durch Zusammenarbeit und Vertrauen aus. Es finden auch regelmäßige Informationsveranstaltungen mit den Arbeitnehmervertreter*innen auf verschiedenen Ebenen des Entscheidungsprozesses statt – Betriebsrät*innen werden als aktive Teilnehmer*innen in strategischen Planungsgremien in den frühen Phasen organisatorischer und technologischer Veränderungen oder Projekte eingebunden. Um mit dem intensiven, globalen Wettbewerb mitzuhalten, teilen sowohl Arbeitgeber als auch die Gewerkschaften übergeordnete strategische Ziele. Durch die Annahme von neuen Technologien und kontinuierlichen organisatorischen Veränderungen wollen beide Seiten die und langfristige rentabler und sicherer Bergbauoperationen (und somit Beschäftigung) gewährleisten. Bei der Installation des WLANs beauftragte Boliden die Firma Mobilaris mit der Entwicklung eines unterirdischen Ortungssystems, das bei Rettungsaktionen eingesetzt werden kann. Anlass war ein nicht tödlicher Arbeitsunfall im Jahr 2013, bei dem 22 Arbeiter nach einem Brand in der Mine eingeschlossen waren. Jede*r Arbeitnehmer*in sollte einen „Tag“ (einen Anhänger) tragen, sodass sie/er identifiziert werden kann.
Der Betriebsrat hatte Bedenken hinsichtlich der Integrität und einer übermäßigen Überwachung der Mitarbeiter*innen wie z.B. der WC-Pausen oder der individuellen Arbeitseffizienz. Nach einer ausführlichen Diskussion über den Einsatz des Ortungssystems stimmten die Gewerkschaften zwar zu, dass das System die Sicherheit verbessern könnte, argumentierten jedoch, dass Integritätsprobleme gelöst werden müssten. Dies führte dazu, dass das Unternehmen den Lieferanten weiters beauftragte, eine Anonymisierungsfunktion zu entwickeln, die die Namen aller Beschäftigten ausblendete. Auf die zuvor gespeicherten personenbezogenen Daten konnte nur noch in Ausnahmefällen zugegriffen werden, z. B. wenn die Polizei oder Gerichte Beweise zur Aufklärung von Arbeitsunfällen oder Diebstählen verlangten. Diese Anonymisierungsfunktion, die zunächst für Boliden angepasst wurde, ist jetzt als Standardfunktion in diesem Software von Mobilaris verfügbar - auch in Bergwerken außerhalb Schwedens oder der EU.
Dieser Fall ist ein konkretes Beispiel dafür, wie Mitbestimmungsprozesse in einem Arbeitsverhältnis ablaufen.
Referenzen:
Haugen, S. (2013). Lean mining. Mineralproduksjon, 3, B21–B40.
MacKenzie, W. (2017). Insight Report: Can the Global Rise in Labour Productivity in Copper Mining Be Sustained? The Institute for the Future of Work.